In Hamburg wurde am Freitag ein neues Denkmal zur Erinnerung an die Opfer des Völkermords an den Sinti und Roma während der NS-Zeit eingeweiht. Der Gedenkort liegt im Überseequartier in der Hafencity. Er erinnert an die Verfolgung und Deportation von über 1.000 Sinti und Roma aus Hamburg und Norddeutschland, die am 16. Mai 1940 festgenommen und in Zwangsarbeitslager verschleppt wurden.
Die feierliche Eröffnung fand in Anwesenheit vieler Gäste statt. Dabei waren unter anderem Vertreterinnen und Vertreter des Landesvereins der Sinti in Hamburg, des Vereins Rom und Cinti Union sowie der Stiftung Hamburger Gedenkstätten. Auch Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD) war anwesend.
Brosda sagte bei der Veranstaltung: „Das denk.mal Fruchtschuppen C erinnert an die aus Hamburg deportierten Sinti und Roma. Es macht einen Ort sichtbar, der lange unsichtbar war. Es ist wichtig, die Erinnerung an diese Verbrechen zu bewahren. Rassismus und Menschenfeindlichkeit dürfen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben.“
Ein Ort mit Geschichte
Das Denkmal steht an einem geschichtsträchtigen Ort. Am sogenannten Fruchtschuppen C, einem alten Lagerhaus für Südfrüchte, begannen im Nationalsozialismus die Deportationen. Mehr als 1.300 Sinti und Roma aus Hamburg und Norddeutschland wurden von hier aus in Konzentrations- und Vernichtungslager verschleppt. Nur wenige überlebten.
Arnold Weiß vom Landesverein der Sinti in Hamburg sagte dazu: „Für unsere Gemeinschaft ist dieser Ort von großer Bedeutung. Hier begann das Leid vieler Familien. Viele Menschen wurden aus ihrem Leben gerissen. Die Erinnerung daran lebt in den nachfolgenden Generationen weiter. Auch weil es nach 1945 weiter Diskriminierung gab.“
Das Denkmal – Sechs Stelen mit Silhouetten
Das neue Denkmal besteht aus sechs Betonstelen. Sie stehen in einer bewusst gelassenen Lücke zwischen frisch gepflanzten Bäumen. Auf den Außenflächen der Stelen sieht man schemenhafte Silhouetten von Männern, Frauen und Kindern. Diese sollen an die Opfer erinnern.
In die Stelen sind auch Informationstafeln eingelassen. Besucherinnen und Besucher können dort Texte, Fotos, Zitate und Biografien von Verfolgten sehen. So wird die Geschichte greifbar und persönlich. Die Inschrift „Fruchtschuppen C“ erinnert an das Gebäude, das hier von 1911 bis 1949 stand. Es wurde in den 1970er-Jahren abgerissen und das Gelände überbaut.
Im Inneren des Gedenkzeichens finden sich weitere Informationen über die Verfolgung der Sinti und Roma. Es wird deutlich, wie systematisch sie verfolgt und ermordet wurden – ein Kapitel, das oft zu wenig beachtet wurde.
Ergänzung zum Hannoverschen Bahnhof
Das neue Denkmal ist nicht der erste Gedenkort dieser Art in Hamburg. Seit 2017 gibt es bereits den Gedenkort am ehemaligen Hannoverschen Bahnhof. Auch dort wird an die Deportationen von Juden, Sinti und Roma erinnert. Der Bahnhof war ein zentraler Ausgangspunkt für Transporte in Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslager.
Das neue Denkmal am Überseequartier ergänzt diesen Ort und setzt ein weiteres starkes Zeichen gegen das Vergessen.
Ein langer Weg zur Anerkennung
Die Erinnerung an den Völkermord an den Sinti und Roma ist noch immer ein schwieriges Thema in Deutschland. Erst spät wurde dieses Kapitel der Geschichte umfassend aufgearbeitet. Viele Angehörige der Opfer mussten jahrzehntelang um Anerkennung kämpfen.
Erst 1982 erkannte der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt offiziell an, dass der Mord an den Sinti und Roma ein Völkermord war. Lange Zeit wurde ihr Schicksal in der Öffentlichkeit kaum beachtet. Auch Entschädigungen kamen oft zu spät oder wurden verweigert.
Das neue Denkmal in Hamburg ist ein weiterer Schritt in Richtung Anerkennung und Gerechtigkeit. Es soll nicht nur erinnern, sondern auch aufklären und mahnen.
Bildung und Aufklärung als Ziel
Die Stadt Hamburg setzt mit dem neuen Gedenkzeichen auch ein klares Zeichen für Bildung und Aufklärung. Schulklassen, Gruppen und Einzelpersonen sind eingeladen, den Ort zu besuchen. Die Tafeln bieten leicht verständliche Informationen. Ziel ist es, auch jungen Menschen das Thema näherzubringen.
Kultursenator Brosda betonte: „Erinnerung ist nichts Statisches. Sie muss lebendig bleiben. Gerade junge Menschen müssen verstehen, wohin Hass und Ausgrenzung führen können.“
Ein Zeichen für Menschlichkeit
Das neue Denkmal in der Hafencity steht für Erinnerung, aber auch für Hoffnung. Es zeigt, dass aus der Geschichte gelernt werden kann. Es ruft dazu auf, sich für Toleranz, Respekt und Menschlichkeit einzusetzen.
Hamburg setzt mit dem Denkmal ein deutliches Zeichen gegen Antiziganismus – also gegen die Diskriminierung von Sinti und Roma. Es macht klar: Diese Menschen gehören zu unserer Gesellschaft. Ihre Geschichte ist Teil unserer gemeinsamen Geschichte.