Die anhaltende Krise beim Hamburg Ballett erreicht einen neuen Höhepunkt: Nach den ersten öffentlichen Beschwerden gegen Demis Volpi, dem neuen Leiter des Balletts, kommen nun neue Vorwürfe aus Düsseldorf, wo der 43-Jährige zuvor tätig war. In einem exklusiven Schreiben, das dem NDR vorliegt, unterstützen 17 aktuelle und ehemalige Tänzer des Düsseldorfer Balletts die Kritik am ehemaligen Direktor des Balletts am Rhein. Die Tänzer schildern ein Arbeitsumfeld, das durch Angst und Unsicherheit geprägt war, und das nun auch das renommierte Hamburg Ballett betrifft.
Volpi unter Beschuss: Mangelnde Transparenz und toxisches Arbeitsklima
Der Brief aus Düsseldorf, der als Solidaritätsbekundung für die Tänzer in Hamburg gedacht ist, enthält ernste Vorwürfe gegen Volpi. Die Unterzeichner berichten von einer „atmosphärischen Belastung“, die nicht nur das Vertrauen und die Motivation der Tänzer untergraben hat, sondern auch negative Auswirkungen auf deren allgemeines Wohlbefinden hatte. „Für viele wurde die Erfahrung nicht nur entmutigend, sondern auch traumatisch“, heißt es in dem Schreiben an Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD).
Die Tänzer kritisieren vor allem die „inkonsequente Kommunikation und mangelnde Transparenz“ unter Volpi, die zu einem Klima der Angst und Unsicherheit führten. Auch in Düsseldorf hätten langjährige Tänzer ihre Verträge vorzeitig aufgelöst – ein außergewöhnlicher Vorgang in der Ballettwelt, der das Ausmaß der Belastung verdeutlicht. Diese Vorfälle stellen einen weiteren Rückschlag für Volpi dar, der erst zu Beginn der laufenden Saison die Leitung des Hamburg Balletts übernommen hatte.
Abgänge und Unruhe: Die Situation in Hamburg spitzt sich zu
Nicht nur in Düsseldorf, sondern auch in Hamburg eskaliert die Situation weiter. Vor wenigen Wochen kündigten fünf der elf Ersten Solisten des Hamburg Balletts ihre Verträge. Auch mehr als die Hälfte der gesamten Ballettcompagnie unterschrieb einen offenen Brief an Carsten Brosda, in dem sie von einem „toxischen Arbeitsklima“ unter Volpi berichteten. Die wiederholte Kritik an seiner Führung und den Arbeitsbedingungen deutet auf tiefere strukturelle Probleme innerhalb der Compagnie hin.
Volpi hatte mit seiner ersten Premiere in Hamburg, der Aufführung von „The Times Are Racing“, initial viel Zuspruch erhalten. Stehende Ovationen vom Hamburger Publikum schienen einen erfolgreichen Start zu signalisieren. Doch die immer lauter werdende Kritik der Tänzer stellt die Qualität seiner Führung infrage und wirft ein Schatten auf das einst so hochgelobte Hamburg Ballett.
Forderung nach Verantwortung und Veränderung
Die Düsseldorfer Tänzer appellieren in ihrem Brief an eine breitere Diskussion über die Verantwortung von Führungskräften in kulturellen Institutionen. Sie fordern eine offene Auseinandersetzung mit den Erwartungen und der Verantwortung von Personen, die in einflussreichen kulturellen Positionen tätig sind. „Wir hoffen, dass unsere Stimmen dazu beitragen können, eine Veränderung in der Art und Weise zu bewirken, wie in Zukunft solche Positionen geführt werden“, so die Tänzer.
Für Volpi und das Hamburg Ballett stellt sich nun die dringende Frage, wie die Krise in den kommenden Wochen und Monaten bewältigt werden kann. Sollte die Atmosphäre weiterhin von Unsicherheit geprägt sein, könnte dies nicht nur die künstlerische Arbeit des Balletts gefährden, sondern auch langfristige Auswirkungen auf den Ruf einer der weltweit bekanntesten Ballettcompagnien haben.
Zukunft des Hamburg Balletts in der Schwebe
Die bevorstehende Wahl des neuen Intendanten des Hamburg Balletts und die anhaltenden internen Spannungen werfen einen Schatten auf die künstlerische Zukunft der Compagnie. Der Druck auf Volpi wächst, da immer mehr Stimmen aus der Tanzszene die Forderung nach einer grundlegenden Änderung der Führung und Arbeitsbedingungen stellen.
Die kommenden Wochen dürften entscheidend dafür sein, wie sich die Situation rund um das Hamburg Ballett entwickelt. Eine weitere Eskalation könnte das Ende einer Ära unter Volpi bedeuten und möglicherweise die Zukunft des Balletts in Hamburg beeinflussen.