Bei einem Sturm auf ein Lager des Welternährungsprogramms (WFP) im Gazastreifen sind mindestens zwei Menschen ums Leben gekommen. Viele weitere wurden verletzt. Das Lager liegt im Zentrum des abgeriegelten Küstengebiets, wo eine große Not an Lebensmitteln herrscht. Hunderte Menschen versuchten, in dem Tumult an die dringend benötigten Hilfsgüter zu gelangen.
Augenzeugen berichteten von dichtem Gedränge vor dem Haupttor des Lagerhauses. Einige Menschen rissen Teile der Metallwände ein, um Zugang zu bekommen. In sozialen Medien sind Videos zu sehen, die zeigen, wie Menschen das Lagerhaus stürmen und Lebensmittel plündern. Aus dem Al-Aksa-Krankenhaus in Deir al-Balah wurde gemeldet, dass zwei Personen durch Erdrücken ums Leben kamen, weitere zwei durch Schüsse.
Die Lage in Gaza ist seit Monaten kritisch. Israel hatte Hilfslieferungen blockiert, was die Not der Bevölkerung verschärfte. Erst vor Kurzem wurde die Blockade teilweise gelockert. Die Versorgung mit Nahrung, Wasser und Medikamenten bleibt aber knapp. In den letzten Tagen gab es bereits Berichte über ähnliche Plünderungen an Verteilzentren.
Die Gaza Humanitarian Foundation (GHF), die einige Verteilzentren betreibt, weist Berichte über Todesfälle und Chaos an ihren Einrichtungen zurück. Die Stiftung erklärte, solche Berichte seien falsch und stammten von der Hamas. Nach ihren Angaben gab es an keinem Standort der GHF Todesfälle.
Israel wirft der Hamas vor, Hilfsgüter umzuleiten und damit Waffen und Kämpfer zu finanzieren. Als Folge will Israel die Verteilung der Hilfsgüter über die GHF kontrollieren und andere Hilfsorganisationen umgehen. Die UN kritisieren diese neue Verteilungsstrategie als gefährlich für die Menschen und als Verstoß gegen die Prinzipien der Neutralität und Unparteilichkeit humanitärer Hilfe.
Der UN-Nothilfekoordinator sagte, die Lage der rund zwei Millionen Menschen in Gaza habe sich seit Beginn des Kriegs im Oktober 2023 dramatisch verschlechtert. Die humanitäre Lage sei so schlimm wie nie zuvor. Viele Zivilisten hätten die Hoffnung verloren. Der Krieg war ausgelöst worden durch einen Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 auf den Süden Israels. Dabei wurden rund 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln in Gaza verschleppt.
Seit Kriegsbeginn kamen laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 54.000 Palästinenser ums Leben. Diese Zahl umfasst sowohl Kämpfer als auch Zivilisten. Ein palästinensischer Bewohner sagte, der Tod sei seit 600 Tagen ein ständiger Begleiter.
In Tel Aviv demonstrierten Tausende Menschen für ein Ende des Kriegs und die Freilassung der Geiseln. Die Angehörigen erinnerten daran, dass die Geiseln seit mehr als 600 Tagen festgehalten werden. Nach israelischen Angaben befinden sich noch mindestens 20 lebende Geiseln im Gazastreifen, wo die Hamas ein weit verzweigtes Tunnelsystem zum Schutz vor dem Militär aufgebaut hat.
Vor der Demonstration kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. 62 Demonstranten wurden festgenommen, nachdem sie das Parteigebäude des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu besetzt und Straßen blockiert hatten. Zwei Polizisten wurden bei den Zusammenstößen verletzt.