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USA und Tech-Giganten erhöhen Druck auf geplante EU-KI-Regeln

by Paul Quinn
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USA und Tech-Giganten erhöhen Druck auf geplante EU-KI-Regeln

Der geplante KI-Kodex der Europäischen Union sorgt weiter für Spannungen – nicht nur innerhalb Europas, sondern auch über den Atlantik. Die US-Regierung sowie große US-Technologieunternehmen wie Google, Amazon und OpenAI üben verstärkten Druck auf Brüssel aus, um Einfluss auf die Inhalte der künftigen KI-Regelungen zu nehmen. Das sorgt bei Bürgerrechtsgruppen und EU-Parlamentariern für Unmut.

Ein vertrauliches Schreiben der US-Vertretung bei der EU an die Kommission warnt davor, dass die geplanten Regelungen innovationshemmend seien. Die Regierung von Ex-Präsident Donald Trump hatte diesen Ton bereits angeschlagen und sprach von wirtschaftlichen Nachteilen durch “überzogene Regulierungen”. Auch unter der neuen US-Regierung bleibt der Widerstand gegen strengere EU-Vorgaben bestehen.

Einflussnahme durch Lobbygruppen

Laut einem aktuellen Bericht der Organisationen Corporate Europe Observatory (CEO) und LobbyControl mischen sich US-Konzerne massiv in den Entstehungsprozess der EU-KI-Regeln ein. Die Recherche stützt sich auf interne Dokumente, Gesprächsprotokolle und E-Mail-Verkehr.

Dabei wird deutlich: 15 führende KI-Unternehmen – darunter Google, Meta, Microsoft und OpenAI – nahmen an exklusiven, nicht öffentlichen Sitzungen mit den Arbeitsgruppenleitern der EU-Kommission teil. Diese privilegierten Treffen waren für Vertreter kleinerer Unternehmen oder zivilgesellschaftlicher Gruppen nicht zugänglich.

„Die Kommission fördert durch diese einseitige Beteiligung ein unausgewogenes Machtverhältnis zugunsten der Tech-Konzerne,“ sagt Bram Vranken, Forscher bei CEO.

Er wirft der EU-Kommission vor, den Schwerpunkt zu stark auf „Wettbewerbsfähigkeit“ zu legen, statt auf effektive und faire Regulierung.

Wenig Raum für Zivilgesellschaft

Im Gegensatz zu den Großkonzernen hatten Vertreter von Zivilorganisationen, Start-ups und unabhängigen Medien nur sehr eingeschränkten Zugang zum Prozess. Zwar wurden öffentliche Workshops durchgeführt, jedoch beschränkte sich die Mitsprache oft auf Emoji-Abstimmungen über die Online-Plattform SLIDO – eine Beteiligungsform, die viele Kritiker als symbolisch und unzureichend ansehen.

„Der geplante KI-Kodex sollte eigentlich die Risiken mächtiger KI-Modelle eingrenzen – doch er droht, genau das Gegenteil zu bewirken,“ heißt es in der Auswertung.

Kritik von Verlagen und Rechteinhabern

Auch Vertreter der Medienbranche und Urheberrechtsorganisationen schlagen Alarm. Sie befürchten, dass der KI-Kodex den Schutz geistigen Eigentums aufweicht und es großen Plattformen erleichtert, Inhalte automatisiert zu nutzen – ohne faire Vergütung.

Ein Sprecher der EU-Kommission bestätigte, dass ein Schreiben der US-Regierung eingegangen sei. Zum genauen Inhalt und möglichen Auswirkungen auf die Kodex-Fassung äußerte sich die Kommission jedoch nicht.

Veröffentlichung verzögert sich

Ursprünglich war geplant, den endgültigen Entwurf des KI-Kodex sowie zugehörige Leitlinien im Mai 2025 zu präsentieren. Nun wird mit einer Verzögerung bis spätestens Juni gerechnet. In einer aktuellen Konsultation zu den GPAI-Leitlinien kündigte die Kommission die Veröffentlichung für das zweite Quartal an – ohne ein konkretes Datum zu nennen.

Hintergrund ist auch der wachsende öffentliche und politische Druck. Immer mehr Stimmen fordern eine transparente Gesetzgebung und gleichberechtigte Mitsprache aller gesellschaftlichen Gruppen. Die Kritik an der dominanten Rolle großer Tech-Firmen wächst – sowohl in Europa als auch international.

Forderungen nach mehr Transparenz

Beobachter warnen, dass die EU ihre Glaubwürdigkeit riskiert, wenn sie den KI-Kodex unter einseitigem Einfluss erstellt. Gerade in Zeiten, in denen Künstliche Intelligenz immer stärker in den Alltag eingreift, müsse der Regulierungsprozess offen, gerecht und demokratisch verlaufen.

Die Organisation Access Now betonte in einem aktuellen Statement:

„Wir brauchen verbindliche Regeln, die den Menschen dienen – nicht nur den Interessen großer Unternehmen.“

Auch Mitglieder des Europäischen Parlaments, darunter Vertreter der Grünen und der SPD, fordern Nachbesserungen am Kodex und eine ausgewogenere Beteiligung.

Was kommt als Nächstes?

Bis Juni soll der überarbeitete Kodex vorliegen. Ob es dabei bleibt, ist derzeit unklar. Der wachsende Protest könnte zu weiteren Verzögerungen führen. Klar ist: Die Auseinandersetzung über die Zukunft der KI-Gesetzgebung in Europa ist längst nicht beendet.

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